Zunächst war nur der Broterwerb

Arbeit, die nicht nur dem notwendigen Broterwerb diente, sondern die Form einer innerlich motivierten und motivierenden Beschäftigung hatte, war bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts im Wesentlichen ein Privileg der Eliten. Dies waren Teile der Beamtenschaft, der Selbstständigen und der akademisch gebildeten Mittelschicht. Deren Anteil lag unter einem Fünftel der Erwerbstätigen.

Innere Motive sind entscheidend

Erst wenn die Arbeit durch Merkmale geprägt ist, die motivierend wirken und innere Motive zum Beispiel dem Streben nach Selbstverwirklichung anspricht, erwächst daraus Mitarbeiterengagement.

Berufsethos nicht ohne auskömmliche Bezahlung

Damit Voraussetzung gegeben sind, das sich bei Vorliegen ausreichender, den Lebensunterhalt gewährleistenden Bezahlung für die Arbeit und erträgliche Arbeitsbedingungen verbunden mit respektvollen Führungskräften, bedarf es der Entwicklung eines modernen Arbeitsethos. Zunächst bei den Eliten wurde ab der Reformation Arbeit mehr und mehr zum Beruf, der seinen Sinn als ethische Verpflichtung in sich trägt (vergleiche Max Weber Protestantische Ethik, Tübingen 1920). Das bedeutet, dass sich eben das berufliche Tätigsein vom reinen Zweck des Broterwerbs entfernt. Diese Entwicklung griff ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts schrittweise auf breiter werdende Mitarbeitergruppen über.

Krupp setzt als eine der Ersten auf Mitarbeiterengagement

Ein Beispiel waren die Sozialleistungen wie Betriebskrankenkasse und Werkwohnungen bei Krupp schon 2. Drittel des 19. Jahrhunderts, die als Voraussetzung von Mitarbeiterengagement zu Identifikation und Loyalität mit der Firma führten.

Neue Dynamik für Mitarbeiterengagement setzt im zwanzigsten Jahrhundert ein

Ende der Dreißigerjahre des 20. Jahrhunderts wurden Betriebsführer systematisch instruiert, um Mitarbeiterführung zu lernen, damit sie die Arbeiter zum Einen zu neuen Leistungshöhen anspornen und zum Anderen durch Erzeugen positive Gefühle außerhalb der Arbeit (vgl. Sabine Donauer: Faktor Freude –Wie die Wirtschaft Arbeitsgefühle erzeugt, Hamburg 2015).

Bis dahin wurde lediglich gestaltend Einfluss auf die äußeren Arbeitsbedingungen genommen, um nachteilige Wirkung von zum Beispiel erträglichkeitsbeeinflussendem Lärm, Staub, unzureichende Beleuchtung und übermäßig hoher körperlicher Beanspruchung zu mindern.

Auch das Unterbewusste wird für das Mitarbeiterengagement genutzt

In der Nachkriegszeit wurden die Gefühle und das Unterbewusste als neue Kraftquelle sowohl von Leistungshemmnissen als auch als Leistungsreserven entdeckt (vergleiche Otto Graf in: Wilhelm Herget/Otto Pfeffer , Soziale Betriebsgestaltung 1948). Die Erkenntnis war, dass es vom Willen unabhängige Teile der Leistungsbereitschaft gibt, auf die nur über Gefühlsaktivitäten Zugriff genommen werden kann. Waren bis dahin die Bemühungen zur Arbeitsgestaltung auf die Beseitigung belastender Arbeitsbedingungen gerichtet, galt von nun an das Hauptaugenmerk dem Beseitigen unguter Arbeitsgefühle.

Das Gespräch des Vorgesetzten als Kraftquelle für das Mitarbeiterengagement

Von nun an bekam das Gespräch mit dem Vorgesetzten als Ansatzpunkt zum richtigen Engagement eine herausragende Bedeutung. Zwischenzeitlich hatte sich der Wandel weg von schwerer körperlicher oder monotoner Arbeit am Fließband hinzu mehr Büroarbeit aber auch anspruchsvoller Fertigungsarbeit, Maschinenbedienung oder Montagetätigkeit verlagert. Zuerst nahm Mechanisierung dann später die Automatisierung starke körperliche Beanspruchung den Mitarbeitern ab. In den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts schließlich konzentrierte sich die Aufmerksamkeit vollständig auf die Leistung steigenden Ressourcen, die Selbstverwirklichungsbestrebungen der Mitarbeiter.

Im gleichen Zeitraum begann die wissenschaftliche Forschung mit unterschiedlichen Zielsetzungen die Umsetzung ihrer Forschungsergebnisse in die Betriebe, um das Mitarbeiterengagement in den beiden Teilen Deutschlands zu erhöhen.

In der ehemaligen DDR sollte verstärkt der neue Mensch geformt werden

Während in der ehemaligen DDR die „Arbeit als Mittel zur Persönlichkeitsentfaltung … [der] Entwicklung … [der] Gesellschaft“ diente (vergleiche Winfried Hacker Allgemeine Arbeit-und Ingenieurpsychologie Berlin 1980) war in der „alten“ Bundesrepublik die überwiegende wissenschaftliche Forschung zu diesem Thema auf die Effizienzsteigerung im Betrieb gerichtet.

So erbrachte die Forschung zur Wertschätzung und Wertung der Arbeit durch zum Beispiel den Vorgesetzten im Sinne von Leistungsbewertung und Rückmeldung (vergleiche S. L. Rubinstein Grundlagen der allgemeinen Psychologie, Berlin 1958) Forschung in der DDR interessante quantifizierbare Forschungsergebnisse. Diese werden später, wenn erst nach Jahrzehnten in der westdeutschen betrieblichen Praxis Eingang finden.

Motivierende Wirkung durch transparente Ziele

Die Untersuchungen zeigen, dass durch das Transparentmachen über das Ausmaß der Zielannäherung, in der Unterstützung des Vorgesetzten, große Arbeitsaufträge sachgerecht zu untergliedern, die leistungsfördernde Bedeutung kurzer Zeitintervalle für die Rückmeldung, die Abhängigkeit von Leistungssteigerungen nach motivierenden Zielsetzungen vom bisherigen Leistungsniveau die Qualität der Wertschätzung und der Rückmeldung durch den Vorgesetzten großen Einfluss auf das Ergebnis der Maßnahme nimmt.

Herzberg bringt die Wende mit neuen Herausforderungen

Nachdem Herzberg (vergleiche Frederick Herzberg, Work and Nature of Man, New York 1971) seine Erkenntnisse zur menschlichen Bedürfnispyramide und deren Auswirkung auf die Arbeitsmotivation veröffentlicht hatte, änderten sich auch die Mitarbeitergespräche mit den Vorgesetzten von Inhalt und Zielsetzung her. Bis dahin waren sie für Störungen vorgesehen, um im wesentlichen Unpünktlichkeit, unkollegiales Verhalten oder Fehlzeiten entgegenzuwirken. Nun wandelte sich die Vorgesetzten-Mitarbeiter- Kommunikation in ihren Anforderungen an die Vorgesetzten. Sie hatten ab jetzt gemäß der Herzbergschen Theorie, herausfordernde Zielsetzungen zu kommunizieren und entsprechende Arbeitsaufgaben zu gestalten. Sie mussten von nun an sowohl Ziele setzen, den Weg dahin durch Strukturierung komplexe Aufgaben vereinfachen und auch das Rückmelden der Zielerreichung in wertschätzenden Mitarbeitergesprächen kommuniziert.

Die Spirale immer neuer Zielsetzungen wird zum Dilemma

Fortan waren die Vorgesetzten mit neuen Hürden konfrontiert, die ihnen im Weg standen, bei den Mitarbeitern dauerhaftes Mitarbeiterengagement zur Erreichung von Mitarbeiterbindung zu erzielen. Waren die herausfordernden Aufgaben durch die Mitarbeiter erledigt, bedurfte es neuer und auch zunehmend schwierigerer Anreize. Diese Spirale erklärt auch die Schwierigkeiten, denen die Vorgesetzten in ihren Betrieben ausgesetzt sind.

Es droht innere Kündigung gelingt der Wettbewerb mit neuen Zielen nicht

Ständig neue komplexere, weniger routinebehafteten und mehr verantwortungsbehaftete Aufgaben haben gerade in jüngerer Zeit Vorgesetzte ihren Mitarbeitern anzubieten. Gelingt ihnen das nicht, droht ihnen die innere Kündigung bei ihren Mitarbeitern.

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